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Software für Elektronik - Unbrauchbares und wie man es besser macht
Wer kennt sie nicht, die völlig unleserlichen Eagle-Schaltbilder, denen man
von Weitem schon ansieht, dass sie von einer Maschine für eine Maschine
gemacht sind, aber keineswegs für Menschen lesbar sein sollen? Hier mein
gesammelter Frust über so viel Zumutung. Und dann, wie man es besser und
viel effektiver macht. Wer mit Eagle oder Fritzing konditioniert wurde, wird
die neuen Freiheiten genießen, allerdings zum Preis von etwas mehr
manueller Vorbereitungszeit.
- Die einsame Spitze der Schupserei: fritzing
- Arbeiten ohne Ablenkung: einfache Methoden
Der neueste Schrei auf dem Markt für elektronische Laien ist
Fritzing. Ein Open-Source-Projekt, also schon mal Pluspunkte.
Fritzing ist für den fleißen Arduino-Käufer ideal:
sie macht vom Breadboard-Layout über das Schaltbild bis hin zum
fertigen Platinenlayout angeblich alles alleine fertig. Von Elektronik
muss man nicht allzu viel verstehen, eher einer der vielen Arduinos
auswählen und an ein Breadboard anschließen. Aber gemach:
es ist nicht Gold, was da glänzt, sondern schnödes
Katzengold.
1.1 Das Standard-Projekt Multivibrator im Fritzing
Als Beispielprojekt lassen wir den simplen
Multivibrator auf das Fritzing los. In der Breadboard-Ansicht ist die
Schaltung schnell zusammengeklickt:
Was heißt hier schnell: auf der Suche nach einem Widerstand kommen
in einem fünfminütigen Suchlauf so ziemlich alle gespeicherten
Komponenten zur Anzeige, zu 98% solche die mit Widerständen rein
gar nix zu tun haben und Arduino heißen. Unter dem Unbrauchbaren
sind mindestens 15 Arduino-Varianten aller Couleur, das Spielzeug
scheint mit allen Untervarianten vollständig implementiert. Klar:
auf jeder dieser Komponenten ist mindestens ein Widerstand verbaut, und
genau dieses Lieblingsspielzeug durfte in der Liste der Widerstände
genau nicht fehlen.
Hat man aus dem unnützen Wust dann einen 220Ω-Widerstand
ausgewählt und auf dem Breadboard platziert, lohnt ein zweiter
Blick auf dessen Eigenschaften. Ist es ein SMD-Typ, dürfte er
eigentlich gar nicht auf das Breadboard passen, so ganz ohne
Anschlussdrähte. Macht aber nix, alle Widerstände sehen
auf dem Breadboard halt gleich aus (nur dann im Platinenlayout nicht
mehr).
Das Zusammenklicken der wenigen Komponenten dauert ungefähr so
lange, wie so eine optimale Platzierung auf einem Breadboard nun mal
so dauert. Bis alles schön aussieht, geht da schon mal eine Stunde
rum. Wer die Schaltung gar nicht auf dem Breadboard aufbauen will,
für den bleibt diese Stunde danach nutzlose
Nebenbeschäftigung.
1.2 Das Fritzing-Schaltbild des Multivibrators
Hat man alle Komponenten beisammen und schön auf dem Breadboard
platziert, macht Fritzing daraus ein Schaltbild. Das sieht dann aber
so aus:
Ganz interessant ist schon die Platzierung der Komponenten: der
Programmierer scheint einen Zufallsgenerator bemüht zu haben,
um die maximale Unordnung anzurichten. Da passt fast nix zu gar nix
anderem und die Verbindungsfäden gehen wild durcheinander.
So dürften die beiden LEDs eigentlich mit ihren Kathoden
direkt an den beiden 220Ω-Widerständen liegen, die
beiden Komponenten LED und Widerstand gehören offenbar
zusammen und nicht wild irgendwo anders hin.
Auch die Drehung der Komponenten ist mehr Zufall als Absicht.
Die beiden Transistoren sind im Breadboard-Layout absichtlich
um 180° gedreht, die Schaltbild-Software hat sich aber
entscheiden, dass 90° bei einem der beiden irgendwie besser
aussieht. Reine Willkür.
Ab jetzt taucht der User für etwa zwei Stunden darin
ab, der Software platzierungsmäßig Hilfestellung
zu leisten. Wir wissen schon, wie das Schaltbild aussehen muss,
die Software ist aber layoutmäßig doof wie Stroh
und kriegt die einfachsten Sachen nicht gebacken. Verschieben,
verdrehen, links und rechts sowie oben und unten vertauschen:
mühsame manuelle Arbeit bis das Ganze so aussieht wie es
soll. Nämlich etwa so:
Nachdem jetzt durch viel manuelle Handarbeit in dem Bild
eine gewisse Ordnung eingezogen ist, könnten die
Verbindungen jetzt eigentlich ziemlich simpel gezogen werden.
Vier bis fünf gerade Linien, ein paar Verbindungspunkte
setzen und fertig ist das Schaltbildwerk. Nicht so bei
Fritzing's routing:
Der Router hat da jetzt so ganz eigene Vorstellungen zur
Leitungsführung. Es hilft auch nicht, die zahlreichen
unerklärlichen Verknickungen in den Leitungen an die
gewünschte Position zu schupsen, beim nächsten
Routen sind die mühsam vorgenommenen Änderungen
alle wieder da. Prädikat: nicht besonders
lernfähig und anwenderfreundlich. Und alles andere
als elektrisch ästhetisch.
Was jetzt noch kommt, ist von der Software gestohlene
und völlig verlorene Zeit. Das Ding ist so
hartnäckig, dass aus dieser Arbeit nur Frust resultiert.
Diese verlorene Zeit resultiert aus der Grundentscheidung,
keinen Schaltbild-Editor, sondern die Breadboard-Stöpselei
als fröhlicher und netter Gimmick, aber als völlig
nutzlose Grundlage für die Schaltbild-Eingabe zu
wählen.
1.3 Fritzing und seine fehlenden Komponenten
Eigentlich sollte es in einem Elektronikprogramm einfach
sein, neue Komponenten zu entwerfen und zu definieren.
Nicht so bei Fritzings: für die triviale Aufgabe,
eine Spule neu anzulegen, braucht die Computerzeitschrift
c't ganze vier Seiten mit Von-hinten-durch-die-Brust-ins-Auge-Tricks.
Die Unzulänglichkeiten von Softwareprojekten lassen
sich daran hervorragend demonstrieren: der Elektroniker
wird zum cleveren Trickser umerzogen, um Probleme zu
lösen, die er ohne die Software gar nicht hätte.
Wertlose Selbstbeschäftigung mit Nix, und das
viele Stunden lang.
1.4 Charakterisierung der Fritzing-User
Das Erste, was man unbedingt braucht, um Fritzing zu benutzen,
ist KAVN. Das heißt: "Keine Ahnung von nix."
Man schubst einfach so ein paar vorgefertigte Bauteile
zusammen und hofft, dass es irgendwie schon das tut, was man
will.
Was es dazu noch braucht ist unbedingt ASWZZAFQ. Das heißt
"Aber Schnell Was Zusammen-Zimmern Aus Fremden Quellen".
Der KAVN-ASWZZAFQ ist daher Meister im Abkupfern und macht nur
Abgucken aus dem Internet.
Klar ist, dass das meiste davon gar nicht funktioniert, weil der
KAVN-ASWZZAFQ vergessen hat, alles zu lesen, was die Quelle noch
so alles schreibt (sogenanntes Learning by Auslassing - LBA).
Und was der KAVN-ASWZZAFQ-LBA unbedingt dazu braucht, ist noch so
ein Arduino-Board. Damit er auch weiterhin KAVN bleibt und sich
voll aufs ASWZZAFQ und LBA konzentrieren kann.
2.1 Wie man Schaltbilder besser nicht malt
Es ist total in Mode, solchen Quatsch wie hier zu produzieren:
Wer so was lesbar findet, muss eine eigentümliche Sozialisation
in technischem Zeichnen hinter sich haben. Mir bleibt da die Luft weg.
Beschriftungen übereinander und wild durcheinander. Wer so was
produziert, kommerziell anbietet und auch noch im Internet auf Leser
loslässt, hat jeden vernünftigen technischen, ästhetischen
und Praktikabilitätsmaßstab verloren. Da sind die aus alten
Zeiten manchmal noch gebräuchlichen Bleistiftzeichnungen, gerne
noch mit Röhren und mit Hochvolt, von in Ehren ergrauten Papieren
eingescannt, noch ein Ausgebund an Ästhetik dagegen.
Gesamtbewertung: unzumutbarer Schrott. Kann ohne weiteres ab in die
Schrottkiste. Wer so eine ungeeignete Software verwendet, muss selber
einigermaßen bescheuert sein.
2.2 Schaltbilder besser malen
Schaltbilder malt man ganz einfach mit jedem guten Vektor-Malprogramm.
Hier mal das Vorgehen beim Libre/Open-Office-Draw. Zuerst malt man sich
alle Symbole, die man in der Schaltung braucht, also etwa so:
Kann man mit Draw umgehen, ist das eine Sache von
maximal 15 Minuten, mit allen Schnörkeln etwas
mehr. Beim Draw kriegt man allerdings beim Rotieren
(da fehlt einfach der 90°-Drehknopf) mancher
zusammengesetzter Komponenten (z. B. einer
Leuchtdiode) arge Probleme, das ist z. B in
tgif besser gelöst.
Auch neue ICs, die man für das Schaltbild braucht,
hat man schnell zusammengezimmert, hier ein 555-Timer.
Das geht ratzfatz und sieht auch noch gut aus. Keine
vierstündige Forschungsarbeit wie bei Fritzings.
Im Gegensatz zu den Fritzing-Komponenten haben hier
die Pins auch die richtige Reihenfolge und sind nicht
durch Vermischen fast beliebig umsortiert. Der
Elektroniker auf Fehlersuche in seiner Schaltung
schätzt es, wenn er die Komponente im Schaltbild
genau so sieht, wie er auf sie im richtigen Leben
draufschaut.
So sieht der Fritzing-555 im Schaltbild aus. Die
Pin-Bezeichnungen sind Null aussagekräftig,
obwohl sogar doppelt vorhanden. Dass sie hellgrau
formatiert sind und dadurch nur mit einiger
Vergrößerung lesbar sind, scheint so eine
Standard-Unart von Elektroniksoftware zu sein. Mit
solchem unbrauchbaren Unsinn muss man nicht die Zeit
totschlagen.
Selbst ICs, bei denen Pins mit mehreren Funktionen
belegt sind, kann man mit dem Zeichenprogramm
einwandfrei darstellen (hier ein Mikrocontroller).
Mach das mal mit so einer doofen Elektronik-Software,
die kann das einfach nicht.
Natürlich sollte man dieses Pin-Chaos in einem
leserlichen Schaltbild auf diejenigen Funktionen
einengen, die bei den Pins tatsächlich benutzt
werden, schließlich will der Schaltbildleser
nicht wissen, was alles noch mit einem Pin gemacht
werden könnte, wenn man wollte. Ratzfatz sind
im Malprogramm die nicht benötigten Funktionen
einfach herausgelöscht. Und das Ergebnis ist
verständlich, auch bei Augenproblemen noch gut
lesbar und schnell verständlich.
So sieht die Komponente bei Fritzing aus. Immerhin
sind noch zwei der maximal fünf Funktionen
vorhanden, eine Auswahlmöglichkeit gibt es
nicht. Und die Platzierung ist zwar besonders
wertvoll, zwingt aber zum elendigen genauen
Abzählen der - wieder in sanftem hellgrau
formatierten - Pins, weil der Designer alles
schön durcheinander gewirbelt hat.
Die Pins sind hier allerdings für eine andere
Packungsart angegeben. Platziert man die Komponente
auf dem Breadboard, wird dort eine 21(!!!)-polige
DIP-Packung gemalt, so dass man ohne die
- überdies klitzeklein formatierten
Pinnummern - aus dem Schaltbild nicht hinkommt.
Kompromisse, die das Leben maximal erschweren.
Hat man alles beim manuellen Zeichnen
gar nicht, da geht einfach alles, mit maximaler
Flexibilität und nur durch den Geschmack des
Bedieners begrenzt.
Mal eben PB0 mit XTAL1, PB1 mit XTAL2 bezeichnen,
einen Quarz und zwei Keramikkondensatoren dran und
fertig ist der quarzgetriebene Mikrocontroller. Bei
Fritzings gibt es aber gar nicht erst solche Quarze,
und die Software beschäftigt den Anwender
folglich für zwei bis drei Stunden mit der Frage,
von welcher vorhandenen Komponente man nun einen
Quarz mit der Von-hinten-durch-die-Brust-ins-Auge-Methode
umstrickt. In Draw eine Sache von zwei Minuten,
bei Fritzing wird das ein anstrengendes Tagwerk.
Für das Erstellen eines Platinenlayouts braucht
man auch keine spezielle Software, die genauso viel
unnützen Ärger macht wie Fritzing. Das geht
auch mit jedem Vektor-Malprogramm.
Als Beleg dafür hier die schöne Linux-Software
tgif.
Um mit tgif zu arbeiten, reicht es aus, eine neue leere
Textdatei mit der Extension .obj anzulegen. tgif
speichert Zeichnungen in dieser Datei im Textformat,
wer will kann darin mit einem Texteditor herumfummeln.
Normalerweise braucht man das aber nicht.
So sieht tgif aus, wenn man auf die leere obj-Datei
klickt. Mit den Symbolen am linken Rand kann man
Texte, Rechtecke, Kreise (nach Durchmesser und nach
Radius), Striche und andere Geraden (ohne oder mit
Knicken), geschlossene Mehrecke beliebiger Geometrie,
Kreisabschnitte (nach Mittelpunkt oder nach
Rundungsbogen), abgerundete Vierecke oder beliebige
freie Objekte malen. Die Dicke der Objekte kann
zwischen 1 und 7 (- 1 - ist hier eingestellt) verstellt
werden. Rahmen zeichnen oder gefüllte Formen
(hier gewählt None = keine Füllung), dem
Füllmodus kann eine Schraffur hinterlegt werden.
tgif eignet sich hervorragend für exakt bemaßte
Zeichnungen, wie man sie in der Elektronik braucht.
Die Größe von Platinen kann man am Besten
in mm festlegen, z. B. 160*100 mm für
eine Europlatine, 100*80 mm für eine halbe
oder 80*50 für eine Viertel. Pinabstände
von ICs und anderen Bauteilen sind besser in Inch,
z. B. 2,54 mm oder 5,08. Mit beidem kommt
tgif zurecht, indem man das Layout mittels Menue auf
metrisches Format umstellen kann. Hier kann man das
Zeichenblatt auch von Portrait- auf Landschaftsformat
umstellen.
Es hilft ungemein, wenn man das Layout
vergrößert entwirft. In unserem Fall
wird aus einer Achtel-Europlatine 50*40 mm eine
Zeichenplatine im tgif von 250*200 mm, also
fünffach größer.
Entsprechend legt man sich für Bohrungen von
3 mm (für Befestigungen), 1 mm (für
dickere Pins) und 0,8 mm (für die meisten
Elektronikkomponenten) maßstabsgerechte
Vorlagen an. Daraus kann man sich dann durch
Kombinieren der 0,8 mm-Bohrloch-Schablone mit
Geraden, Rechtecken, Kreisausschnitten, etc.
horizontale oder vertikale Einzelpins basteln.
Selbstverständlich kann man Teile der Zeichnung
(z. B. einen horizontalen oder vertikalen
Pin-Anschluss) gruppieren, duplizieren (mit Strg-D)
und auch wieder entgruppieren, um ihn passend zu
machen. Sehr komfortabel: beim Duplizieren merkt sich
tgif den einmal eingestellten Abstand und die Richtung
zum vorausgehenden Duplikat und dupliziert bei weiteren
Duplikaten exakt im selben Abstand. So hat man schnell
ein 40-poliges IC hineindupliziert und alles im
exakten 2,54 mm-Raster.
Das exakte Platzieren der Komponenten macht man dazu
in der Inch-Format-Rasteransicht, womit für
mehr-pinnige Komponenten sichergestellt wird, dass
alle Pins im 2,54 mm-Raster zu liegen kommen und
auch bei einem 40-poligen Monster-IC alle Einzelpins
exakt im Raster platziert sind.
Zoomen kriegt man übrigens ganz schnell mit
Alt-Z, Herauszoomen mit Alt-O.
tgif ermöglicht einen sehr einfachen Umgang mit
farbigen Layern. Im Bild sind Leiterbahnen in
schwarz, Bohrlöcher mit 0,8 mm in rot
und Bestückungskomponenten in blau gezeichnet.
Durch Auswahl der farbigen Felder kann man die
angezeigten Farblayer ganz einfach manipulieren.
Mit dem Ausschalten des blauen Layers verschwinden
die Komponenten aus der Zeichnung, sind aber noch da.
Durch Ausblenden aller Farben ausser schwarz kommt
man zu einer Druckvorlage für einen Laser-
oder Tintendrucker. Die seitenverkehrte Beschriftung
ist etwas aufwändig, weil sie aus horizontal
gespiegelten, mit abknickenden Geraden konstruierten
Einzelbuchstaben besteht.
tgif bietet zum Export eine Vielzahl von
Exportformaten an. Darunter sind so gebräuchliche
wie EPS, GIF, PNG, PDF und noch einige mehr.
Hat man sich für ein Ausgabeformat entschieden,
kann man die Zeichnung z. B. mit gwenview auf den
Drucker bringen. Dabei kann man im Druckdialog von
gwenview den exakten Maßstab auf das Zielformat
bringen (hier: 50*40 mm) und kriegt ziemlich exakte
Verkleinerungen. Dabei hilft es, wenn man die Zeichnung
mit einem exakten Rechteck (in dünnster
Ausführung) umrandet hat, weil das beim Verkleinern
hilft und das Rechteck beim Verkleinern sowieso
verschwindet.
Mit etwas Umfärben der Layer (alle Farben bis
auf schwarz ausblenden, alles Sichtbare auswählen,
Farbe von schwarz auf gelb wechseln, dasselbe mit den
anderen Farben) kriegt man dann aus der Originalzeichnung
einen schönen Bestückungs- und Bohrplan heraus.
Fazit: Sich von den Fesseln der Elektroniksoftware
zu lösen bringt jede Menge neue
Gestaltungsmöglichkeiten, von gut lesbaren und
aussagekräftigen Schaltbildern über exakt
maßstäbliche Platinenlayouts.
©2017-2022 by Gerhard Schmidt